„Setting“ und Gesellschaft
Das Setting Shingeki no Kyojins dürfte insbesondere für Spieler aus dem mitteleuropäischen Raum, vor allem Deutschland, einen überraschenden Vorteil bieten. Falls jemand in einer Stadt mit historischem Ortskern lebt: Ja, genau so sieht es in einer typischen Stadt innerhalb der Mauern aus.
Soll heißen: Fachwerkhäuser und Steinbauten, ummauerte Hinterhöfe und dergleichen. Aufwändigere Gebäude tragen wohl - sofern es ein Laie wie ich sagen kann - auch gotische Züge... der Autor der Story, die wir hier als Basis nehmen möchten, hat sich offenbar nicht nur an vielen Nachnamen an Deutschland ein Vorbild genommen.
Klugscheißmodus an: Übrigens, falls jemand die alten Heidi-Zeichentrick-Folgen kennt: Auch dort war ein Japaner am Werke (und zwar Hayao Miyazaki, Autor von „Prinzessin Mononoke“), und seine Version des historischen Frankfurt trägt ganz ähnliche Züge. So hübsch schaut Deutschland für den fernen Osten aus: Es fehlen lediglich dicke bayuwarische Lederhosenträger und das Oktoberfest, dann wärs wohl perfekt. Gott sei dank bleiben die aber weg.
Ausnahmsweise also ist das Setting mal eines, welches uns durchaus vertraut sein darf. Von der Technik her dürfte man die Story wohl zwischen spätem Mittelalter und den Anfängen der Neuzeit suchen - so gibt es keinerlei Elektronik, lediglich das 3D-Manövergerät schlägt etwas aus der Art.
P.S. Andeutungsweise gab es offenbar sogar eine Zeit, in der Ritterrüstungen und Co. in Gebrauch waren, zudem existieren Burgruinen.
Innerhalb der Mauern leben die meisten Menschen in relativer Bescheidenheit, haben jedoch in aller Regel ein Dach über dem Kopf. Wirkliche Elendsviertel gibt es nicht, die Hungersnot ist seit einigen Jahren auch im Griff. Die Grundnahrungsmittel sind Brot und Kartoffeln, Fleisch dagegen ist relativ teuer, was insbesondere daran liegt, dass große Flächen zur Viehwirtschaft verloren gingen, als die äußerste Mauer durchbrochen wurde und seitdem Titanen durch diesen Bereich schwärmen. Viele Familien versorgen sich sofern möglich selbst mit Fleisch, etwa, indem sie Kaninchen oder Hühner in ihren Gärten züchten.
Wein und dergleichen darf man als Luxusgüter auffassen; Bier jedoch ist durchaus zu haben. Was vollständig fehlt, sind Meeresfrüchte, da in keiner Himmelsrichtung so etwas wie eine Küste in Sicht ist. Muscheln oder Seehundfelle würden hier wohl großes Staunen hervorrufen; immerhin besteht die Isolationshaft der Menschheit schon seit über einhundert Jahren...
Das Leben ist zivilisiert und weitestgehend geordnet; es regiert keineswegs das Gesetz des Stärkeren, sondern das Wort des Königs, und so gibt es zum Einen natürlich Verbrechen vom Diebstahl bis zum Mord, aber auch Strafen, von Geldbußen über Gefängnis bis hin zur Todesstrafe. So etwas wie eine Unterwelt konnte sich nicht etablieren; dafür ist nun doch noch nicht genug Zeit vergangen.
Die Gesellschaft ist eindeutig handwerklich eingestellt: Kinder helfen in den elterlichen Betrieben, ehe sie mit 12 oder 13 Jahren in den Militärdienst gerufen werden. Manche Neulinge kommen auch von den Dörfern, die in den Landstrichen der Mauerbereiche verstreut sind. In der Rekruten-Einheit werden sie auf ihre Tauglichkeit getestet; wer diese Tauglichkeit nicht mitbringt, kann schon am ersten Tage wieder fortgeschickt werden, um sein Glück in der zivilen Arbeitswelt zu finden.
Der Zulauf zur Armee ist hoch; die Arbeit als Mauerwächter verspricht ein relativ ruhiges Leben, das Dasein in der Militärpolizei sogar ein gutes Gehalt dazu und vor allem die Sicherheit und den Luxus der Großstadt. Bis vor fünf Jahren galt dies sogar noch viel mehr: Seit dem Zwischenfall mit dem Koloss-Titanen und dem gepanzerten Titanen, welcher die Menschheit grob aus ihrem Schlaf riss, galt schließlich schon die äußerste Mauer als uneinnehmbar für selbst die größten Titanen.
Dieser Glaube ist auf harsche Weise verflogen; die ruhigen Zeiten haben ein Ende. Die Faulen und Furchtsamen erschrecken, die Trotzigen suchen nach Kraft in der Verzweiflung. Urplötzlich droht die Menschheit, noch weiter gegen die Wand gedrückt zu werden. Selbst in dem kleinen Eckchen, worin sie vor über einem Jahrhundert Zuflucht suchte, steht ihr nun die Furcht vor der vollständigen Auslöschung ins Gesicht geschrieben.
Man darf gespannt sein, wie die Geschichte weitergeht.